Zum 125. Geburtstag von Kurt Tucholsky

Wenn es um Berlin geht, ist er wahrscheinlich einer der meistzitierten Autoren. Kaum ein bissiger Kommentar zur politischen Lage der Hauptstadt und kaum ein Redebeitrag zur Geschichte eines Straßenzuges, der sich nicht durch ein Tucholsky-Zitat aufhübschen ließe. Seine bundesweite Popularität ist vor allem durch eine Aussage geprägt: »Satire darf alles«.
So ist der Name Tucholsky wohl jedem Berliner ein Begriff. Die bissigen, oft humorvollen Zitate, täuschen allerdings häufig darüber hinweg, wie leidenschaftlich und letztlich verzweifelt Tucholsky für die Demokratie in der Weimarer Republik kämpfte. Als überzeugter Pazifist und linksdemokratischer Verteidiger der Republik musste er in den 1920er und 30er Jahren mit ansehen, wie sich in Deutschland kriegstreiberische Kräfte ausbreiteten und die Nationalsozialisten die Macht an sich rissen.
Am 9. Januar jährt sich Kurt Tucholskys Geburtstag zum 125. Mal.
1890 wurde er in Berlin-Moabit als ältester Sohn des jüdischen Bankkaufmanns Alex Tucholsky und seiner Frau Doris geboren. Schulzeit und Jurastudium verbrachte er vor allem in Berlin. Schon früh verfasste er journalistische Texte und arbeitete schon mit 17 für die satirische Zeitschrift »Ulk«.
Sein erstes literarisches Werk veröffentlichte er 1912. »Rheinsberg: Ein Bilderbuch für Verliebte« sorgte für Furore, weil das unverheiratete Paar und die erotischen Anspielungen darin gegen damalige Moralvorstellungen verstießen.
1913 begann sein Engagement für »Die Schaubühne«, die später unter dem Namen »Die Weltbühne« eine der wichtigsten politisch-kritischen Zeitschriften der Weimarer Republik werden sollte.
Nach dem 1. Weltkrieg, in dem er sich nach eigener Aussage »dreieinhalb Jahre gedrückt« hatte, intensivierte er seine Bemühungen für antimilitaristische Ziele und linksdemokratische Politik. Er engagierte sich in der USPD und insbesondere in der »Weltbühne« prangerte er die Missstände der jungen Republik leidenschaftlich an.
Neben einer ganzen anti-militaristischen Artikelserie (»Militaria«, ab 1919) kritisierte er vor allem die seiner Ansicht nach von reaktionären Tendenzen durchsetzte Justiz. Die politischen Morde an Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg und die darauffolgenden Prozesse kommentierte er zum Beispiel: »schludrige Untersuchung, faule Ausreden, ein paar Phrasen, jämmerliches Kneifertum, milde Strafen, Strafaufschub, Vergünstigungen […]Das ist keine schlechte Justiz. Das ist keine mangelhafte Justiz. Das ist überhaupt keine Justiz.«
Ab Mitte der 20er Jahre lebte Tucholsky nur noch sporadisch in Berlin. Sein Umzug nach Paris änderte aber nichts an seinem politischen Veränderungswillen. Er veröffentlichte weiterhin in der »Weltbühne« und versuchte, mit einem geschärften Blick von außen neue Debattenbeiträge zu liefern. Mit Besorgnis nahm er die Schwächung der linksdemokratischen Kräfte in der Weimarer Republik zur Kenntnis und plädierte leidenschaftlich für eine »zweite, diesmal erfolgreiche Revolution«.
Als Kurt Tucholsky bereits 1930 die Gefahr erkannte, die mit dem erstarkenden Nationalsozialismus aufkam, zog er nach Hindås in Schweden. Mit dem Blick auf die politischen Umwälzungen in der Weimarer Republik verzweifelte er zunehmend und resignierte letztlich vor dem verlorenen Kampf um ein demokratisches Deutschland. »Dass unsere Welt in Deutschland zu existieren aufgehört hat, brauche ich Ihnen wohl nicht zu sagen. Und daher: Werde ich erst amal das Maul halten. Gegen einen Ozean pfeift man nicht an«, schreibt er 1933.
Seine realistische Einschätzung der Lage bewahrheitete sich und das NS-Regime setzte sich in Deutschland fest. In seinem letzten Brief prangert er den fehlenden Widerstand, insbesondere der Juden, an und rechnet endgültig mit Deutschland ab. »Ich habe mit diesen Land, dessen Sprache ich so wenig wie möglich spreche, nichts mehr zu schaffen. Möge es verrecken – möge es Russland erobern – ich bin damit fertig.«
Am 21. Dezember 1935 verstirbt Kurt Tucholsky nach schwerer Krankheit an einer Überdosis Schmerztabletten. Sein literarischer Nachlass umfasst Gedichte, Erzählungen, Romane und viele teilweise unter Pseudonymen verfasste journalistische Artikel.
In der Wundtstraße 65 erinnert eine Gedenktafel an die Redaktion der »Weltbühne«, die hier von 1921 bis 1927 ansässig war. Kurt Tucholsky übernahm die Leitung nach dem Tod des Gründers Siegfried Jacobsohn 1926, gab sie aber ein Jahr später schon an Carl von Ossietzky weiter.
Das Kurt Tucholsky Literaturmuseum Schloss Rheinsberg hat anlässlich des Jubiläumsjahres eine ganzjährige Veranstaltungsreihe geplant. Nähere Infos unter: www.rheinsberg.de/de/tucholsky-museum/
Johannes Blech
Foto: von Jens Rusch at de.wikipedia [Public domain], via Wikimedia Commons