16.11.2015
Der Augenblick als Zeit-Zauber
Ein Ruhepol klassischer Fototechnik in unserer hektischen Zeit
Wieder einmal gibt die Kiez-Galerie Flieder 17 einen Anstoß, die Welt auf tiefere Weise wahrzunehmen – diesmal mit Schwarzweiß-Fotografien des 1983 in Leipzig geborenen Künstlers Stefan Scholz. Hochwertige Lambda-Abzüge in limitierter Auflage halten Augenblicke fest, die sonst unbeachtet vorbeiziehen, und machen damit ihre Einmaligkeit und Unwiederbringlichkeit bewusst.
»Ich liebe es, Momente fotografisch einzufangen«, erzählt der freiberufliche Fotograf und Grafikdesigner, der in Halle lebt und arbeitet. »Wenn ich die Fotos dann entwickele, bringe ich etwas Vergangenes wieder in die Gegenwart. Das ist eine Art Zauberei mit der Zeit. Und danach kommt dann die Überraschung: was nehmen die Betrachter wahr? Das ist besonders spannend, denn jeder hat seine persönlichen Assoziationen und Sichtweisen.«
Landschaften, Gegenstände, Ausblicke – jedes Bild erzählt eine eigene Geschichte, vermittelt eine eigene Atmosphäre. Wie sucht der Fotograf seine Motive aus?
»Ich versuche, Stimmungen nachzugehen und ihnen dann auch nachzugeben. Das ist, als würde irgendwo ein Geist atmen, der mich anzieht, oder als würde ich einem geheimnisvollen Duft folgen. Ich fotografiere immer mit langen Belichtungszeiten, um die Authentizität zu wahren. Bei mir wird nichts im Rechner nachbearbeitet! Ich liebe auch die so genannten Fehler und den Schmutz, denn gerade sie offenbaren der Charakter. Und beim Herstellen der Abzüge gibt der Lambda-Belichter mit seinen hochpräzisen Laser-Dioden sämtliche Feinheiten an die tieferen Schichten des äußerst lichtempfindlichen Fotopapiers weiter. Mittels dieser klassischen Technik erwacht der geheimnisvolle Augenblick in meiner Dunkelkammer plötzlich wieder zum Leben.«
Stefan Scholz schloss sein Studium 2012 mit einer Arbeit über die fotografische Theorie der 1930er Jahre ab. Neben seiner fotografischen Arbeit veranstaltet er zusammen mit seiner Frau, der Malerin Marija Falina, zahlreiche Workshops, auch für Kinder und ganze Familien, und lehrt an verschiedenen Bildungs- und Kultureinrichtungen in Halle. Seine Arbeiten sind noch bis zum 18. Dezember in der Galerie Flieder 17, Schustehrusstr. 17 zu sehen. Die Preise für die handsignierten, nummerierten Kunstwerke bewegen sich zwischen 220 und 670 Euro.
Sabina Trooger-Benestante
Foto: STB